„Ich helfe Eltern dabei, ADHS zu reduzieren – ohne Medikamente oder lange Therapien.“ Mit diesen und ähnlichen Versprechen werben zahlreiche Coaches derzeit auf Instagram oder Facebook. Nicht immer stecken dahinter qualifizierte Fachleute und seriöse Therapien. Manche Coaches behaupten, ADHS-betroffene Kinder mit Coaching, Nahrungsergänzungsmitteln oder Hypnose erfolgreich therapieren zu können. Andere leugnen sogar die Existenz der Entwicklungsstörung oder machen die Eltern verantwortlich. Gegen mehrere unzulässige Werbeversprechen ist das Projekt „Faktencheck Gesundheitswerbung“ der Verbraucherzentrale NRW rechtlich vorgegangen.

Coaches dürfen keine ADHS Diagnose stellen
Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine der am häufigsten diagnostizierten psychischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen:
- Etwa fünf Prozent der Kinder und Jugendlichen sind betroffen, Jungen etwa doppelt so oft wie Mädchen.
- Kinder mit einer ADHS sind besonders unaufmerksam, impulsiv und aktiv.
- Die Störung wird am besten durch Experten diagnostiziert.
- Das sind im Regelfall durch Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie oder Kinder- und Jugendmedizin, die sich auf die Diagnostik und Behandlung von ADHS spezialisiert haben.
„Coaches dürfen keine ADHS-Diagnose stellen“, erklärt Susanne Punsmann, Juristin im Projekt „Faktencheck Gesundheitswerbung“ der Verbraucherzentralen NRW und Rheinland-Pfalz. „In Deutschland gibt es kein festgelegtes und geschütztes Berufsbild ,Coach‘. Jede und jeder darf sich so nennen, dann aber keine Heilbehandlung anbieten. Die gibt es nur bei Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen.“
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Heilen mit Hypnose? Coach löscht Video nach Abmahnung
Die Verbraucherzentrale NRW hat sich diesen sensiblen Bereich genauer angeschaut und ist online auf zahlreiche irreführende Heilsversprechen gestoßen. „Erfolgreich abgemahnt haben wir beispielsweise einen Hypnotiseur und ,Mental-Coach‘, der in einem Video auf seinem Instagram-Kanal behauptet hatte, dass er ADHS-Kinder mit ,ein bis zwei Sitzungen‘ Hypnose heilen könne. Das ist aus unserer Sicht ein unzulässiges Erfolgsversprechen, denn dass Hypnose bei ADHS die Symptome lindert, ist nicht wissenschaftlich belegt“, so Punsmann.
Der Coach hatte außerdem behauptet, ADHS sei in seinen Augen „Schwachsinn und die größte Verarsche der Menschheit“. Das verunsichere viele Eltern, kritisiert Punsmann: „Durch Pauschalaussagen wie diese wird die Krankheit nicht ernst genommen und den Eltern die Schuld für die Diagnose aufgebürdet. Für eine erfolgreiche Behandlung ist das kontraproduktiv. Natürlich muss man genau abgrenzen, wer wirklich unter ADHS leidet und wer nicht. Aber ist es von Fachleuten diagnostiziert, handelt es sich um eine neurologische Entwicklungsstörung.“ Der Coach hat nach der Abmahnung durch die Verbraucherzentrale das Video gelöscht.

Zweifelhafte ADHS Angebote ohne medizinische Grundlage
Eine andere Coachin verspricht in ihrer sogenannten „ADHS-Revolution“, sie könne Symptome der Störung „ohne Medikamente in nur zwei bis zehn Monaten reduzieren“. Betroffene Heranwachsende hätten „in frühester Kindheit einige negative, schädliche Programme eingespeichert“. Ihr Ziel sei es, diese zu „löschen“ und mit „positiven Programmen“ zu „ersetzen“. Eine weitere Coachin behauptet, mit Nahrungsergänzungsmitteln und Selleriesaft helfen zu können. „Das hat nichts mit Medizin zu tun“, betont Susanne Punsmann. „Das sind Lebensmittel, die per Definition eine ernährungsphysiologische, aber keine pharmakologische Wirkung haben.“
Ebenfalls abgemahnt hat das Projekt „Faktencheck Gesundheitswerbung“ eine weitere Coachin ohne medizinische oder psychotherapeutische Ausbildung sowie einen Anbieter, der mit einer Kombination aus analytischer Hypnose und mentalem Training zur Tiefenentspannung sowohl die Symptome als auch die Ursachen der ADHS-Erkrankung zu „heilen“ verspricht.
Elterntraining ist Teil der klassischen Behandlung
Auch Coaching-Angebote für die Eltern von betroffenen Kindern finden sich im Internet. „Ein solches Elterntraining gehört aber bei Kinderärzt:innen zur Behandlung dazu“, erklärt Susanne Punsmann. „Am besten erkundigt man sich in der Arztpraxis oder bei der Krankenkasse danach.“
Mehr darüber, wie Ärzte ADHS diagnostizieren, erfährst du beim ADHS-Informationsportal der Uniklinik Köln.
Quelle: Verbraucherzentrale NRW
Fotos: Pexels / Karolina Grabowska, Cottonbro, Julia M. Cameron
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